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Ein subtiles und zugleich reiches Spiel aus Malerei,
Licht und Architektur hat Stefanie Lampert für die Aussegnungshalle in
Karlsruhe-Oberreut entwickelt. Die Installation an der Stirnwand bestimmt
nun neben Sarg, Orgel und Rednerpult jede Handlung in diesem konfessionslosen
und nur der Trauer gewidmeten Raum.
Der bereits geplante Lichtschacht oberhalb der Stirnwand wurde von der
Künstlerin in ihre Konzeption mit einbezogen. Farbige Gläser werfen bei
entsprechenden Wetterverhältnissen je nach Sonnenstand und Intensität
sich verändernde Farbbahnen über die abschließende Wand. Dieser reinen
Lichtmalerei steht ein direkter Eingriff in die Architektur gegenüber.
Leicht aus der Mitte gerückt tritt aus der weiß gestrichenen Wand eine
Fläche hervor, rechteckig, mit eigenen Proportionen. Ein Bildfeld wurde
in eine Aussparung der Wand eingelassen, das durch seine Konstruktion
und die formale Bezugnahme auf den Raum als Teil der Architektur wirkt.
Die strenge Form antwortet auf das Gebäude, aus der orthogonalen Struktur
scheint sich die Bildfläche jedoch herauszuwinden, denn vier unterschiedlich
weit hervortretende Ecken erzeugen eine in sich verdrehte und dadurch
irritierend bewegte Oberfläche.
Wie eng der Verbund von Architektur und Bild gedacht ist, zeigt sich an
der farblichen Erscheinung der Oberfläche des Bildfeldes. Ursprünglich
in Wandweiß geplant, steht heute ein mit Rosa und Gelb gebrochenes Weiß
vor der Wand. Das weiße Bildfeld war "zu wenig Bild" und erhielt daher
eine zweite Fassung in einer Farbigkeit, die dem Lichtspiel des Oberlichtes
entnommen ist. Aus der architektonischen Form, die aus der Wand herauskippend
einen ästhetischen Strudel erzeugt, ist nun eine schwebende, farblich
auf den Raum und das Licht abgestimmte Bildfläche geworden.Die Gratwanderung
zwischen Architektur und Malerei belegen die wandweiß belassenen Seitenflächen
die farblich die Wand weiterführen, auch wenn die Seiten durch Verschattung
als dunkle Begleitflächen erscheinen. Fällt Licht durch die farbigen Oberlichter
auf die Seitenränder des Bildes, so entsteht als Folge der Reflektion
eine glühende Lichtaura, die das leicht farbige Bildfeld als dunkles Zentrum
versinken lässt. Die Ränder scheinen dagegen ein Eigenleben zu führen.
Wie Neonröhren strahlt das Licht von ihnen auf die weiße Wand. Bei sich
schnell verändernden Wetterverhältnissen erscheint die Halle als ein Spektakel
von Erscheinen und Verschwinden dieser Lichtwirkungen. Malerei geht über
in einen Lichtraum, der aus sich selbst zu pulsieren scheint und der bei
der nächsten Wolke wieder in eine weiße Stille zurückfällt.
Durch intuitives Suchen nach Proportionen und Farben ist es der Künstlerin
gelungen, in der Verspannung von Licht, Bild und Raum ein ästhetisches
Ereignis zu schaffen, das jenseits einer religiösen Bindung eine eigenständige
Qualität besitzt und dennoch als Angebot zur Kontemplation für die Trauernden
dienen kann.
Das bisherige Werk Stefanie Lamperts zeichnet sich gegenüber dieser Installation
durch die Konzentration der künstlerischen Mittel auf Farbe und Leinwand
aus. Intuitive Farbordnungen in orthogonalen Bildsystemen stehen in der
Tradition der Farbfeldmalerei.
Mit der farblichen Gestaltung der Seitenflächen eröffnet die Künstlerin
in ihnen neben der eigentlichen Leinwand einen Lichtraum, der die Bilder
zum Teil des architektonischen Raumes macht. Über die Kombination mehrerer
Leinwände erzielt die Künstlerin fein tarierte Lichtereignisse, die sich
nur teilweise auf der Leinwand abspielen.
Von gleicher Bedeutung sind hier die Farb- und Intensitätsvaleurs, die
zu Kontrastwirkungen innerhalb und außerhalb der Leinwand führen und so
erst in der Wahrnehmung des Betrachters das eigentliche Bild erzeugen.
Auch das Kippen und Hervortreten der Bildflächen aus einer wandparallelen
Ebene trägt zur Ablösung des Phänomens vom Objekt bei. Farbprojektionen
auf Architektur, zum ersten Mal für den raum 2 in Mannheim (2001) realisiert,
führen die Arbeit mit Farbe und Raum unter Verzicht auf das Bildobjekt
fort.
Sieht man von dieser jüngsten Arbeit ab, so verzichtet Stefanie Lampert
nicht auf das Bild im Unterschied zu Entmaterialisierungsversuchen, wie
sie beispielhaft von James Turrell oder Michel Verjux realisiert wurden.
Der Bildkörper bleibt substantieller Bestandteil des Werkes und die malerische
Auseinandersetzung mit Farbe und Bildträger ist die Grundlage ihrer künstlerischen
Arbeit. Während der Verzicht auf die Stofflichkeit der Bilder als Ausdruck
einer Autonomisierung des Bildes verstanden werden kann, so treten diese
in den Objekten und Installationen Stefanie Lamperts in eine Dialektik
ein, deren Ziel in der Findung eines ästhetischen Augenblicks liegt, der
Stofflichkeit und Zeichenhaftigkeit der Kunst in einem offenen Prozess
der Wahrnehmung verbindet
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